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Vom Unterschied der keiner ist.

Auf den ersten Blick reden wir unmissverständlich von zwei verschiedenen Dingen: den Wissenschaften als Idee, Konzept und Methode – und von jenen, die danach arbeiten, den Wissenschaftlern. Diese Unterscheidung wird in dem Moment relevant, in dem ein in die Enge getriebener Wissenschaftler Vorwürfe mit dem Argument abwehrt, dieses oder jenes könne man nicht den Wissenschaften anlasten, sondern müsste es jenen vorwerfen, die sie fehlerhaft benutzten, also einzelnen, bestimmten (unfähigen, schlechten) Wissenschaftlern. Mit anderen Worten: Idee (Konzept, Methode) gut – Ausführung schlecht.

Nun nützt die beste Idee (Methode oder Konzept) gar nichts, wenn sie permanent schlecht umgesetzt wird bzw. wenn immer wieder Pannen passieren, die, durch den Fehlerfaktor Mensch auch nie vermieden werden können. Folgendes Beispiel: Würden Sie mit einer Fluggesellschaft fliegen, die zwar die sichersten Flugzeuge hat, bei der es jedoch durch Fehler des Wartungspersonals und der Piloten immer wieder zu Bruchlandungen oder Abstürzen kommt? Sicherlich nicht – und es würde Sie, im Falle einer solchen Bruchlandung, auch kaum trösten, dass es nicht am Flugzeug lag, oder?

Abgesehen davon, dass die Wissenschaften in ihrer Umsetzung immer mit dem Fehlerfaktor Mensch behaftet sein werden, gibt es noch einen viel grundlegenderen Einwand gegen obige Argumentation: dass das wissenschaftliche Konzept gut, ja, sogar fehlerfrei ist, bedeutet noch lange nicht, dass es deswegen auch das beste oder allein gültige Konzept sein muss. Dieses Konzept ist schließlich von unvollkommenen, nach Erkenntnis strebenden (forschenden) Menschen geschaffen worden – nicht von solchen, die schon im Besitz aller Erkenntnis sind – und jeglicher Anspruch auf Perfektion, absolute Sicherheit und Alleingültigkeit wird durch diesen Sachverhalt relativiert.

Welchen Anspruch auf Alleingültigkeit hat ein System, welches ein tatsächliches Geschehen nicht als Beweis akzeptiert, nur weil dieses Geschehen nicht durch die von ihm geforderten Methoden „wissenschaftlich“ bewiesen werden kann? Als 1847 der Arzt Ignaz Semmelweis die tödlichen Kindbettfieberfälle durch eine simple, hygienische Maßnahme (Desinfektion durch Chlorkalk) von 35% auf unter 1% senken kann, bezichtigen ihn seine Kollegen „spekulativen Unfugs“, und werfen ihm vor, er könne keinen „wissenschaftlichen“ Beweis dafür erbringen, dass seine Maßnahme zu dieser Reduktion geführt hat. Diesen „Beweis“ erbringt Jahrzehnte später der Franzose Louis Pasteur.

Wer nun meint, so etwas würde heute nicht mehr passieren, der irrt. Hier ein aktuelles Beispiel: In der Traditionellen Chinesischen Medizin existiert eine sehr differenzierte Zeitlehre in Bezug auf die Entstehung, den Verlauf und die Behandlung von Krankheiten – zu welcher Tages- und Nachtzeit z.B. bestimmte Krankheitsverläufe am günstigsten zu beeinflussen sind, und die einzusetzenden Medikamente und Behandlungen ihre beste Wirkung entfalten. Bislang wurde dieser Aspekt (wie übrigens die gesamte TCM) von der wissenschaftlichen Medizin als (wieder einmal) wissenschaftlich nicht bewiesen und darum unsinnig abgetan. Nun haben US Forscher der Yale University School of Medicine „wissenschaftlich“ geforscht und herausgefunden, dass dem chinesischen Ansatz doch das richtige Bild zu Grunde liegt (Body clock alters immune system) – nachdem es in China bereits seit hunderten von Jahren auch ohne wissenschaftliche Methoden erkannt und angewendet worden ist. Genau wie im Fall Semmelweis, mussten Vertreter der TCM erst einmal Hohn und Spott, Diffamierung und Ablehnung über sich ergehen lassen, bis die Wissenschaften – Wissenschaftler dieser Tage großspurig mit ihrem „Beweis“ kommen … nun ist alles in Butter.

Wir sehen, so genial ist dieses Konzept nun auch wieder nicht – und noch etwas sehen wir: letztendlich sind das Konzept, seine Erfinder und Ausführenden nicht voneinander zu trennen, und darum ist beiden gegenüber die entsprechende Skepsis angesagt.

 

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