Von der Lebensphilosophie
2. Apr 2012 von Wolf
und warum es gut ist, eine zu haben!
Eigentlich hat jeder Mensch eine Lebensphilosophie, auch wenn er es selber nicht weiß, oder die irgendwie vernetzte Ansammlung seiner Ansichten in Bezug auf das Leben nicht so nennt. Wenn dagegen jemand von seiner Lebensphilosophie spricht, dann hat er sich die Mühe gemacht, seine Ansichten und Wertvorstellungen nach Prioritäten zu ordnen. Vor allem aber wird er einen erkennbaren Bezug zur Realität in seinem Leben herstellen, indem er den Willen hat, diese Ansichten und Wertvorstellungen in Handlung und Tat umzusetzen, und ihnen somit eine, sein Leben bestimmende Gültigkeit verleihen.
Wenn z.B. jemand an Gott glaubt, dann werden sich seine Verhaltensweisen – bewusst oder unbewusst – dieser Priorität unterordnen. Ein solcher Mensch wird nicht mehr zufällig krank oder gesund, ihm widerfährt nicht zufällig Glück und Unglück, sondern alles ist von Gott gewollt, von Gott bestimmtes Schicksal oder Prüfung.
Wenn jemand an das Gute im Menschen glaubt, wird sein Gerechtigkeitsempfinden davon geprägt, und er wird auch in dem schlimmsten Verbrecher noch ein rettungsbedürftiges, schwarzes Schaf sehen.
Egal ob man eine Lebensphilosophie für gut oder schlecht empfindet (bei anderen), sie tut auf jeden Fall eines: sie setzt Prioritäten, und strukturiert (und vereinfacht dadurch) die Komplexität des Lebens. Jemand, der z.B. an den christlichen Gott glaubt, gibt sich mit Gott-nicht-Gefälligen-Dingen gar nicht erst ab, sie verschwinden aus seinem Gesichtsfeld, sind (sollten) keine Versuchung (sein), werden unter „nicht erfahrens- und lebenswert“ eingeordnet und abgehakt. Stellen Sie sich nur einmal die ungeheure Liste von Dingen vor, die dabei alle aus dem Leben dieser Person gestrichen werden – da wird, in seiner reinsten Form, das Leben so einfach wie das eines Eremiten, der, verschont von allem zwischen- und mitmenschlichem Leid und Unglück, vom Lärm, Konsum, der Politik dieser Welt, ein Leben in bestechender Einfachheit, Anspruchslosigkeit und Harmonie mit seinem Gott führen kann.
Zurück zu unserem Thema wissenschaftliche und alternative Medizin – eigentlich sind wir schon die ganze Zeit dabei: es wäre für Sie von großem Vorteil, wenn Sie dieses Thema entweder in Ihre, bereits bestehende Lebensphilosophie einordneten, oder, falls Sie noch keine haben, sich jetzt eine zulegten. Sie sollten sich auf jeden Fall die Mühe machen, sich eine solche Lebensphilosophie selber zurecht zu zimmern, denn es ist Ihr Leben, dem Sie dadurch Bestimmung und Ausdruck verleihen wollen. Übernehmen Sie also nicht die Lebensphilosophie anderer Menschen, auch wenn diese noch so überzeugend scheint. Sie können die Ansichten und Werte anderer teilen, aber erst nachdem Sie diese Werte für sich selber gefunden, erkannt und bestätigt haben – ansonsten machen Sie sich zum bloßen Mitläufer, der die Verantwortung für sein Leben an andere abgibt. Behalten Sie das bitte bei den folgenden Ausführungen im Kopf: was ich schreibe, sollen Sie nicht einfach übernehmen – es soll ein Denkanstoß sein, weiter nichts!
Viele Menschen probieren oder benutzen Mittel und Behandlungsmethoden der alternativen Medizin, weil sie ihnen natürlicher erscheinen als die, zum überwiegenden Teil invasiven, unnatürlichen Methoden der wissenschaftlichen Medizin. Dieser Ansicht sollte lebensphilosophisch folgendes Bild zu Grunde liegen: der menschliche Körper ist Natur, er entwickelt sich und funktioniert „natürlich“; Erkrankungen sind „natürlich“, und die Art und Weise wie der Körper damit fertig wird (oder nicht), ist ebenfalls „natürlich“. Ergo ist es nur konsequent und wiederum „natürlich“, wenn auch Hilfestellungen beim Heilprozess (im Krankheitsfall) in Form von Behandlungsmethoden und Präparaten „natürlich“ sein sollten. Der Körper verfügt über ein natürliches Selbstheilungsprogramm, dass in seiner Mannigfaltigkeit von der Zellerneuerung über die Produktion schmerzstillender, körpereigener Substanzen bis hin zur Umsetzung von Erwartungs- und Glaubenshaltungen in konkret physische Heilung alles umfasst, was der Mensch sich vorstellen kann (und wahrscheinlich noch viel mehr). In Anbetracht dieses natürlichen Wunders, gilt es unnatürliche Einwirkungen so gering wie möglich zu halten, und deswegen also alternative Medizin.
Herr IF (der für diesen Blog angenommene Idealfall) ist sich jedoch der Begrenztheit dieses Bildes bewusst. Das natürliche Selbstheilungsprogramm des Körpers kann kaputte Zähne weder selbstständig reparieren noch neue nachwachsen lassen, ebenso weigert es sich, verlorene Gliedmaßen durch neue zu ersetzen ( ich schreibe bewusst „weigert es sich“, denn die wissenschaftliche Forschung hat sich bereits auf den Weg begeben, diese Möglichkeit der Selbsterneuerung aus dem menschlichen Selbstheilungsprogramm heraus zu kitzeln – körpereigene Elektrizität, Stammzellen). Außerdem sind diesem Selbstheilungsprogramm in erschreckend vielen Fällen Grenzen gesetzt – zumindest bislang (auch das „bislang“ schreibe ich ganz bewusst, denn es gibt Fälle von Spontanremissionen und Wunder-Glaubensheilungen, die diese Grenzen völlig auflösen): oft genug kann der Körper mit Infekten und Entzündungen nicht fertig werden, und, ließe man hier der Natur ihren Lauf, wäre sein Ableben die natürliche Konsequenz. In einem solchen Fall erscheint es Herrn IF gerechtfertigt, mit unnatürlichen Methoden das natürliche Endresultat zu verhindern.
Jede Prothese ist die unnatürliche Lösung eines natürlichen Problems, aber sie erleichtert die Rückkehr in oder zumindest die Annäherung an ein normales Leben ungemein. Jedes Antibiotikum wirkt invasiv und tötet nicht nur Krankheitserreger oder infizierte Zellen sondern auch gesunde Bakterien und Körperzellen ab – aber, wenn es vor dem sicheren Tod rettet, ist sein Einsatz alle Mal gerechtfertigt. Natürliche Diagnosemethoden sind z.B.: den Puls fühlen, den Körper abtasten und abhorchen, die Färbung von Körpersekreten (und Exkrementen) beobachten und bewerten, die Hautfarbe und Konsistenz, Geschmeidigkeit, Haare, Fingernägel, kurz, sämtliche Äußerlichkeiten beobachten und bewerten, inklusive Verhaltensweisen (Müdigkeit, Abgeschlagenheit usw.), und schließlich das Messen der Körpertemperatur. Was also die natürlichen Diagnosemethoden betrifft, so kämen da in den Händen eines erfahrenen Heilers oder Landarztes schon einige zusammen – jedoch ist es nicht möglich mit all diesen Methoden in den Körper hineinzusehen. Genau das kann heutzutage die wissenschaftliche Medizin, und in vielen Erkrankungsfällen sind diese Methoden äußerst nützlich und wünschenswert.
Allerdings sind alle Medikamente (und die damit verbundenen Behandlungen) der wissenschaftlichen Medizin mit einem grundsätzlichen Makeln behaftet: die Wirkungen sind unlösbar mit den Nebenwirkungen verbunden, und trotz aller Wissenschaftlichkeit in Forschung und Erprobung wirken solche Medikamente oft genug ganz anders als beabsichtigt, und das mit verheerenden, gesundheitsschädigenden Folgen.
Und dann gibt es da außerdem noch ein hochinteressantes Verbindungsglied zwischen wissenschaftlicher und alternativer Medizin, den sogenannten Placeboeffekt, von dem Herr IF sich wünscht, dass er noch viel intensiver erforscht und zur Anwendung gebracht würde. Wie sieht nun seine Lebensphilosophie in Bezug auf unser Thema aus?
Er wird sich die Rosinen aus beiden Systemen herauspicken: 1) wann immer nötig bzw. im Zweifelsfall eine wissenschaftlich-medizinische Diagnose erstellen lassen; 2) wann immer möglich, eine nicht invasive, natürliche Behandlungsmethode bevorzugen, und nur wenn es nicht anders geht 3) von den Methoden der regulären Medizin Gebrauch machen.
4) Er wird von vornherein unnatürliche Behandlungsmethoden und Mittel der alternativen Medizin ablehnen, und …“ MOMENT“, sagen Sie da, „unnatürliche Methoden in der alternativen Medizin, ja, gibt es die denn da?“ Gibt es! – und jetzt werden Sie sehen, wie ungemein wichtig es ist, dass eine Lebensphilosophie von klaren Gedanken ausgehend, klar formuliert und ebenso eindeutig in die Tat umgesetzt wird. Ein ganz einfaches Beispiel: sämtliche Vitaminpräparate, soweit nicht auf Grund einer durch Vitaminmangel entstandenen und diagnostizierten Krankheit verordnet, sind UNNATÜRLICH. Der Körper ist von Natur aus so konzipiert, dass er seine Entwicklung, Funktionsweise und Leistungsfähigkeit aus den Energien und „Mitteln“ (Vitamine, Spurenelemente, Fettsäuren usw.) der Nahrung aufnimmt. Die Ernährung sollte im Idealfall gesund und abwechslungsreich sein, aber wenn Sie ein bisschen darüber nachdenken und forschen, werden Sie immer wieder erstaunt feststellen, mit wie wenig Nahrung im Sinne von quantitativ und qualitativ der Körper das fertig bringt. In Nachkriegszeiten, wo die Menschen der betroffenen Länder manchmal jahrelang kaum etwas oder nur sehr wenig zu essen hatten, waren sie am gesündesten (obwohl da nicht nur die Ernährung eine große Rolle gespielt hat, sondern auch die Bewegung: man ging zu Fuß oder fuhr Fahrrad, denn wer konnte sich ein Auto leisten?). Der Gesundheitszustand amerikanischer Soldaten im Vietnamkrieg war nach dreijähriger Gefangenschaft, bei einer täglichen Diät von einer Schale Reis mit einer dünnen, wässerigen Gemüsebrühe, unvergleichlich viel besser als vor ihrer Gefangenschaft … tja, ade Vitamin und Co. der sorgenmachenden, angstschürenden pseudo-alternativen Medizin!
Also: jedes Vitaminpräparat, meist auch noch synthetisch hergestellt, ist unnatürlich, und als solches lehnt Herr IF es ab. Diese Einstellung verschont ihn zugleich vor dem nutzlosen, teilweise schädigenden und betrügerischen Bereich der pseudo-alternativen Medizin. Sie lässt ihn in der alternativen Medizin die Spreu vom Weizen trennen, also all die Behandlungen und Präparate herausstreichen, die, seiner Einstellung nach, nichts mit Medizin zu tun haben.
Die Verführer mit dem wissenschaftlichen Akzent
Wenn Herr IF sich für eine alternative Behandlung entscheidet, dann weil sie NICHT wissenschaftlich, sprich schulmedizinisch ist. Gerade weil z.B. der Orthopäde Schmerzmittel, Muskelrelaxans und Cortisoninjektionen ansetzt, wählt Herr IF einen alternative Methode, die all das nicht benutzt: die Chiroprathie (Chiropraktik). Ginge er zum Homöopathen, und der würde als erstes verkünden, die Homöopathie wäre jetzt auch „wissenschaftlich“, würde ihn das eher befremden. Herr IF hat eine klare Vorstellung davon, was für ihn alternative Medizin ist, aber viele Menschen haben das nicht, und deshalb erscheint es ihnen gar nicht verdächtig, wenn sich eine angeblich alternative Medizin mit wissenschaftlichen Federn schmückt.
Entweder ist alternative Medizin alternativ – und damit NICHT wissenschaftlich, oder aber sie kann tatsächlich wissenschaftliche Wirkungsnachweise erbringen, und hört in diesem Moment auf, eine alternative Medizin zu sein! Wenn sie stattdessen in der Mitte rudert, mit vorgetäuschten oder nicht ausreichenden, wissenschaftlichen Kredenzen, dann ist sie weder noch bzw. dann ist sie sehr wahrscheinlich betrügerisch!
Wenn man diesen Gedanken eindeutig formuliert, etwa in der Art von: „Wissenschaftlich-medizinische „Beweise“, eine solche Terminologie, hat in alternativen Behandlungsmethoden und Präparaten nichts zu suchen“, und diese Formulierung als Kriterium für die Auswahl anwendet, wird der allergrößte Teil dubioser oder pseudo-alternativer Medizin herausgefiltert.
Man kann sich nun die Frage stellen, weshalb die Charlatane in der pseudo-alternativen Medizin es immer mit wissenschaftlichen, genauer gesagt vorgetäuscht wissenschaftlichen Daten (Studien, usw.) und einer entsprechenden Terminologie versuchen, ihre Opfer zu ködern. Die Antwort liegt in der Ambivalenz der Opfer selber: einerseits soll es möglichst alternativ, sanft, nicht invasiv und ohne Nebenwirkungen sein, aber zugleich hätte man es doch auch gerne wissenschaftlich bewiesen, denn das soll ja sicherer sein. Wenn wir, Kinder unserer Zeit, das Prädikat „wissenschaftlich getestet und für gut befunden“ hören oder lesen, dann meinen wir – oft genug völlig unbegründet und fälschlicherweise – nun hätte alles seine Richtigkeit. Vitamine schlucken hört sich furchtbar alternativ an – Vitamine sind ja Natur und kein allopathisches Teufelszeug – aber wie ungemein beruhigend, wenn das auch noch wissenschaftlich abgesegnet ist (war es noch nie, und ist es heute noch viel weniger – jetzige wissenschaftliche Studien zeigen eher das Gegenteil, nämlich dass die Einnahme solcher Präparate gesundheitsschädigend ist). Auf diese Haltung haben sich die Charlatane eingeschossen, und damit machen sie ihr Geld.
Sie sehen, Sie werden nicht darum herumkommen, sich ein paar sehr grundlegende Gedanken zu diesem Thema machen zu müssen.