Wenn das Geld im Beutel klingelt …
5. März 2012 von Wolf
Von den wirklichen Charlatanen und Betrügern in der alternativen Medizin
Es gibt einen ganz einfachen Grundsatz, mit dem Sie sich alle Betrüger vom Hals halten bzw. deren betrügerische Absichten von vornherein durchschauen können (Gefahr erkannt, Gefahr gebannt): wer als erstes Ihr Geld haben will, dem ist mit aller Vorsicht und allen Vorbehalten zu begegnen. Beispiel: Wunderheiler. Ich greife da eine Gruppe heraus, und zwar all jene, die behaupten, dass der christliche Gott, Jesus Christus oder die Mutter Gottes, durch sie heilen würden. Der Wunderheiler als sozusagen von Gott beauftragter „Arzt“ , menschliche Leiden zu heilen. Wir alle kennen die Wunderheilungen, die Jesus Christus zugeschrieben werden – die allesamt mit dem ungemein tiefen Ausspruch Jesus enden: Dein Glaube hat dir geholfen (nicht ich oder Gott)! Da werden die Wissenschaftler schmunzeln, denn sie hören den Placeboeffekt läuten. Nun war-ist Jesus immerhin Gottes Sohn (glauben die Christen), und dem kann man schon mal ein paar wissenschaftlich nicht beweisbare Wunder zugestehen.
Uralt ist auch der Glaube der Menschheit an die Heilkräfte bestimmter Menschen – kein Problem sagt da wieder der Wissenschaftler – auch der Arzt kann ein Placebo sein … wobei der Begriff Placebo ursächlich nichts „erklärt“ (siehe auch „Placebo und Co.“). Angenommen es gäbe einen Menschen, der über solche Heilkräfte verfügt, Kranke damit heilt und dafür Geld verlangt, so ist dagegen eigentlich nichts einzuwenden (so es denn wirklich bzw. bei Ihnen funktioniert). Auch der Sportler verdient mit seinen Kräften Geld. Die Sache stellt sich jedoch in einem anderen Licht dar, wenn dieser Heiler behauptet, Gott und Co. habe ihn beauftragt, bzw. heile durch ihn … und will dann dafür Geld haben. Bemühen Sie bitte Ihren gesunden Menschenverstand: können Sie sich den christlichen, unendlich liebenden Gott (oder Jesus Christus oder die Mutter Maria) als Geschäftsmann vorstellen, der für seine Hilfe Geld von Ihnen haben will? Haben Sie irgendwo in der Bibel gelesen, Christus habe sich seine Wunderheilungen bezahlen lassen? Meinen Sie nicht, er würde eher sein letztes Hemd mit Ihnen teilen als auch nur einen Cent für seine Hilfe von Ihnen anzunehmen? Und können Sie sich weiterhin vorstellen, dass ein Christus zu Herrn oder Frau X sagt: „Hier, ich lasse meine Heilkräfte durch dich fließen, heile in meinem Namen … und kassiere schon mal vorab und hinterher sowieso“?
Jeder, wirklich ausnahmslos jeder, der hier Geld für eine solche Heilung verlangt, ist nicht nur ein Betrüger, sondern selbst der größte Gotteslästerer, der seinen Gott für „schnöden Mammon“ verkauft. Lassen Sie sich nicht von den üblichen „Begründungen“ verwirren: „Die Menschen wollen es so, denn sie glauben was nichts kostet kann nichts wirken …“ Ach ja? Heilt hier nun das Geld, „dass es was kostet“, oder der liebe Gott? Oder: auch der Heiler mit seiner Familie muss leben. Schön, aber das verträgt sich so nicht mit dem Gottesanspruch, denn wenn der schon durch den Heiler heilt, dann wird er wohl auch Sorge dafür tragen, dass er nicht verhungert „Seht ihr die Vögel auf dem Felde …“ wusste schon Franz von Assisi über die göttliche Führsorge zu sagen.
Nein – die korrekte Haltung in solch einem Fall wäre: Sie können eine Spende machen wenn Sie geheilt worden sind – aber erst dann, und nur freiwillig. Schlagen Sie im Zweifelsfall einem solchen Heiler einfach vor, Sie würden nach erfolgter Heilung zahlen bzw. spenden, dann werden Sie sofort wissen, woran Sie sind.
Nun kommen Ihnen diese Betrüger normalerweise nicht ins Haus; sie werden von kranken Menschen aufgesucht, ob im Bayrischen Wald oder in den Philippinen, und oft genug von jenen hoffnungslosen Fällen, die von der wissenschaftlichen Medizin aufgegeben worden sind. Sie sollten auch diesen Gedanken im Kopf behalten: wenn nur ein einziger von diesen hoffnungslosen, bereits aufgegebenen Fällen von solch einem „Wunderheiler“, wie und wodurch auch immer, gegen alle Vorhersage und Unmöglichkeit gerettet bzw. geheilt werden sollte, dann hat der gute Mann damit seine Eintrittskarte ins Paradies gesichert – dann kann man ihm die Beutelschneiderei nachsehen. Andererseits ist vielen Menschen nicht bewusst, was sie sich selber ins Haus holen, dieser Tage hauptsächlich durch das Internet, seltener durch das Fernsehen.
Für das Internet gilt eine ebenso einfache aber äußerst wirksame Grundregel: kaufen Sie weder Behandlungsmethoden noch Medikament oder Heilpräparate online. Das Internet ist der Tummelplatz für Charlatane und Betrüger, die unter dem Deckmantel „alternative Medizin“ und mit pseudowissenschaftlicher „Fang-Sprache“ nur ein Ziel haben, nämlich Ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Bemühen Sie bitte wieder Ihren gesunden Menschenverstand: Wenn Sie zum Arzt gehen, und sich ihm zwecks Heilung anvertrauen, dann ist das in der Tat ein Akt des Vertrauens. Sicher werden Sie nicht jedem Arzt von vornherein das gleiche Vertrauen entgegenbringen, sondern nach Ihrer Erfahrung urteilen. Sie werden einem „guten“ Arzt vertrauen, nicht einem schlechten, und mit einem „guten“ Arzt muss nicht nur dessen fachliche Kompetenz gemeint sein. Wichtig ist wohl auch, dass er Ihnen sympathisch ist, dass Sie mit ihm reden können, dass Sie den Eindruck haben, er versteht Sie und bemüht sich um Sie.
Wem – bitte schön – wollen Sie dergestalt im Internet vertrauen, wo alles anonym ist und sich jeder hinter einer erfundenen Identität verstecken kann? Wo jeder in Bildschirmformat buchstäblich alles vortäuschen kann, von der nicht existierenden Klinik, über angebliche Versuchsdaten bis hin zu frei erfundenen, natürlich nur positiven, Leserzuschriften? Halten Sie sich an reale Menschen, nicht an eine virtuelle „Realität“.
Wenn Sie alternative Behandlungsmethoden und Präparate probieren wollen, dann sollten Sie sich vorher ein paar Regeln aufstellen nach denen Sie handeln. Jeder muss das für sich selber tun, aber hier sind ein paar Ideen, die Ihnen dabei helfen können.
1) Halten Sie sich an Behandlungsmethoden die es schon seit längerer Zeit gibt, und die teilweise oder gänzlich von den Krankenkassen erstattet werden (Homöopathie, Chiroprathie, Akupunktur und Phytopharmaka).
2) Machen Sie sich bewusst, mit welchen Erkrankungen Sie zu einem alternativ Behandelnden gehen wollen, denn a) dürfen Homöopathen, Heilpraktiker und Chiropraktiker laut Gesetz bestimmte (viele) Krankheiten nicht behandeln und b) eignen sich bestimmte Erkrankungen besser zum Ausprobieren als andere. Geignet sind Erkrankungen, die sich nicht rapide verschlechtern, oder die bereits über einen längeren Zeitraum hinweg konstant (chronisch) geblieben sind, sowie Erkrankungen, an denen die reguläre Medizin nichts verändert, oder gar zu einer Verschlechterung geführt hat.
3) Lassen Sie sich im Zweifelsfall immer eine ärztliche Diagnose stellen. Danach können Sie entscheiden, welche Behandlung Sie probieren wollen.
4) Informieren Sie sich über Ihre Erkrankung. Viele leichte Krankheiten (dazu zählen z.B. Erkältungen) bekommt der Körper selber in den Griff, wenn Sie ihm Ruhe und Zeit dazu lassen.
5) Misstrauen Sie grundsätzlich jedem „Wundermittel“ (Internet). Es gibt bestimmte Schemata, nach welchen Betrüger arbeiten, z.B.: Der Vertreiber, Herr P, gibt vor, längere Zeit als medizinische Fachkraft gearbeitet zu haben. Dabei sei er auf eine sehr vielversprechende Rezeptur für die Krankheit X gestoßen, die er dann in jahrelanger Forschungsarbeit selber optimiert habe. Dann habe er sich mit Herrn Z zusammengetan – diese Person ist meist sozial und fachlich höher gestellt, z.B. ein Angestellter des Gesundheitsministeriums, Herr Dr.-Vorsitzenden-Leiter – Berater bei usw. – der, begeistert und beeindruckt, seinen (angeblich) offiziellen Segen dazu gegeben hat, und nun können Sie dieses Wundermittel exklusiv bei Herrn P kaufen. Hier ist von A bis Z alles frei erfunden, wenn Sie das glauben, sind Sie selber schuld! Übrigens ist dieser Trick einer der leicht nachzuprüfenden: schauen Sie einfach im Internet nach, wer von diesem Wundermittel geheilt worden ist (natürlich dürfen Sie dazu nicht die frei erfundenen Leserzuschriften bei Herrn P. lesen).
6) Misstrauen Sie Behandlungsmethoden und Präparaten, die „allgemein“ wirken sollen. Schlagwörter sind hier: Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens; Stärkung des Immunsystems; Stärkung der Vitalität; erhöhte Lebensenergie; Entgiftung des Körpers; Beruhigung des Nervensystems; Stressreduzierung usw.
Das Immunsystem, unter dem sich ein Laie konkret kaum etwas vorstellen kann, ist ein komplexes Universum für sich, und ruht auf vier Grundpfeilern: Gesunde Ernährung, Bewegung, Ruhe und genetischer Veranlagung. Es gibt absolut gar nichts, kein Präparat und keine Behandlungsmethode, was die ersten beiden Faktoren ersetzen könnte. Auch am letzten Faktor lässt sich derzeit noch nicht herumfummeln. Bleibt Nummer drei: Ruhe – womit einmal der gesunde Schlaf gemeint ist (der normalerweise das Resultat ausreichender Bewegung an der frischen Luft sein sollte), zum anderen aber auch das Ausruhen vom alltäglichen Stress – das Entspannen. Jede Massage, jedes Fußbad, jede Akupressurbehandlung usw. bei der Sie „abschalten“ und entspannen können, ist ganz sicherlich eine Erholung von besagtem Stress, und demnach gut für Ihr Immunsystem – aber Sie können genauso gut Ihr Handy, den Computer, den Fernseher und die Türklingel abschalten, sich mit einem guten Buch für eine halbe Stunde ins Bad legen – oder, noch einfacher, 20 Minuten schlafen oder dösen … kostet nichts, und entspannt auch.
Das Immunsystem ist so alt wie der menschliche Körper, zu dessen Schutz es sich über tausende und abertausende von Jahren entwickelt hat. Es war von Anfang an darauf ausgelegt, OHNE jegliche Medizin, weder wissenschaftliche noch alternative, zu funktionieren. Wollen Sie da tatsächlich jenen glauben, die Ihnen erzählen, man könnte es mit ein paar Vitaminpillen oder Magnetwellen oder was auch immer, „optimieren“ oder aufpeppen? Lachen Sie mal ganz herzhaft – damit peppen Sie Ihr Immunsystem auf!
7) Denken Sie darüber nach was Sie tun können, um gesund zu bleiben bzw. möglichst gar nicht erst krank zu werden.
Gesundheit ist der Normalzustand eines sich natürlich entwickelnden und lebenden Körpers … das hört sich trivial an, aber es lohnt sich, darüber nachzudenken. Wenn Krankheit der Normalzustand wäre, würde keiner von uns lange leben, wären die Menschen schon ausgestorben. Natürlich gibt es Ausnahmen, z.B. Menschen die jahrelang an einer chronischen Krankheit leiden, oder bereits mit einer solchen Krankheit auf die Welt kommen, und, leider, kommen da, auf die Gesamtbevölkerung gesehen, etliche Ausnahmen zusammen. Trotz alledem sind Krankheiten normalerweise zeitlich begrenzt. Im Laufe der Evolution hat unser Körper gelernt mit vielen Krankheiten fertig zu werden und sich vor noch mehr Krankheiten zu schützen. Man könnte Gesundheit auch als den Zustand formulieren, in dem sich der Körper optimal vor Krankheitserregern schützen kann.
Jetzt kommt der interessante Gedanke: Wenn Sie sich gesund fühlen, haben Sie dann kurz davor oder in diesem Moment etwas ganz Besonderes getan, um diesen Zustand zu erreichen? Wahrscheinlich nicht. Wir sind oft tage-, wochen- oder gar monatelang gesund, ohne uns auch nur einen einzigen Gedanken darüber zu verschwenden. Sogar wenn wir uns völlig unsinnig verhalten, Kettenrauchen, uns jeden Tag betrinken, überfressen … solange wir nicht krank werden, denken wir nicht: „Moment mal, wie schafft mein Körper das eigentlich, bei meinem idiotischen Lebensstil gesund zu bleiben?“ Was meinen Sie braucht Ihr Körper, um „normalerweise“ so gesund zu bleiben, wie Sie eben normalerweise sind? Richtig – nichts Besonderes! Eine vernünftige Ernährung, ausreichend Bewegung und ausreichenden Schlaf … das genügt „normalerweise“!
Anstatt auf die Werbung und Panikmache der pseudo-alternativen Medizin hereinzufallen … leben Sie einfach die Natur, auf die ihr Körper ausgelegt ist: jeden Tag Obst und Gemüse, FDH, zehntausend Schritte an der frischen Luft und einen guten Schlaf – das ist alles, was ihr Körper „normalerweise“ braucht, um gesund zu bleiben.