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Inwiefern unterscheidet sich dieser Satz vom ersten (Vertrauen ist gut, überprüfen ist besser)? Vertrauen wird hier durch studieren ersetzt, was impliziert, dass ein solches Studium nicht automatisch Vertrauen zur Folge haben muss. Studieren, so wie wir dieses Wort heutzutage verstehen und gebrauchen, beinhaltet von vornherein ein gewisses Maß an Wissenschaftlichkeit, denn diese ist die Grundlage fast aller Disziplinen die derzeit an den Universitäten gelehrt und studiert werden. Wer eine Sache studiert hat, braucht nicht grundsätzlich Vertrauen in sie einzubringen. Er kann von einem objektiv abgespeicherten Wissen ausgehen, und durch dieses Wissen zu der Erkenntnis kommen, dass sich ein Probieren gar nicht mehr lohnt. Mit anderen Worten: wenn es von der Theorie her klar ist, dass Sache X nicht funktionieren kann, kann man sich die Praxis, das Probieren eben sparen.

In den fünfziger-sechziger Jahren machte die TM (Transzendentale Meditation), bekannt geworden durch Mahesh Yogi und die Beatles, von sich reden. Sie sollte eine ganze Reihe von Wirkungen haben, nicht nur geistig-spirituelle sondern auch körperliche, u.a. sollte sie den Blutdruck regulieren, den Kreislauf günstig beeinflussen (letzteres zugegebener Maßen eine schwammige Formulierung) und zu einer tiefenpsychologischen Entspannung führen. Die Entspannung ihrerseits sollte wiederum das Immunsystem günstig beeinflussen, usw. usw. Das alles sollte bewirkt werden durch die gedankliche – nicht akustische – Wiederholung eines Mantrams, eines Schwingungswortes (also ein Wort bestehend aus Silben, die für Töne stehen, ohne Bedeutung). Das konnten die damaligen Wissenschaften in der Tat nur als Hokuspokus ansehen, aber, dass muss man ihnen neidlos zugestehen, wo Geld für solche Forschung vorhanden ist, gehen Wissenschaftler allen möglichen (und manchmal unmöglichen) Behauptungen nach. Bald also lagen die ersten Forschungsergebnisse vor, die zu dem Schluss kamen, alles sei Humbug (inzwischen, runde 40 Jahre später, liegen andere Ergebnisse vor). Wer damals dieses Thema „studierte“ musste zu dem Schluss kommen, hier lohne sich ein Probieren nicht, vor allem wo dieses Probieren auch noch ziemlich teuer war (2oo DM für Studierende und 4oo DM für Selbstverdiener). Nun sind verschiedene (allerdings nicht unumstrittene) Studien zu anderen Ergebnissen gekommen, in deren Licht die damalige Investition von 200 bzw. 400 DM sehr wohl eine lohnende Investition gewesen sein könnte.

Nehmen wir einmal an, die TM hätte bei Herrn Z. , zwanzig Jahre alt, „angeschlagen“, und er hätte damit seiner Gesundheit Gutes getan – jetzt, im fortgeschrittenen Alter, hätte er keinerlei Blutdruckbeschwerden, weder zu hohen noch zu niedrigen, sein Kreislauf wäre stabil usw.. Natürlich gibt es keinen hundertprozentigen, wissenschaftlichen Beweis dafür, dass sein Zustand ohne die jahrzehntelange Praxis der TM nicht genau der gleiche wäre, aber im Vergleich mit vielen seiner Alterskollegen, deren Lebensgewohnheiten den seinen ähneln, schneidet er deutlich besser ab, und wie erwähnt, liegen ja verschiedene Studien jüngeren Datums einen Zusammenhang zwischen TM und gesundheitlichem Nutzen nahe. Ihm wären also viele Gänge zum Arzt erspart geblieben, und man kann sich leicht vorstellen, wie viel Geld er den Krankenkassen gespart hätte.

Der Gegenfall: Die TM hätte bei Herrn Z. nichts bewirkt – dann wäre er zwar seine 200 oder 400 DM losgewesen, aber anderer Schaden wäre nicht entstanden. Außerdem würde er, auf Grund einer realen Erfahrung, sagen können, dass die TM bei ihm nicht gewirkt habe.

Ich persönlich würde eher davor zurückschrecken, für ein solches Probieren soviel Geld auszugeben, aber letztlich ist es eine Frage, wie man die Lage einschätzt. Leider macht ein großer Teil der auf pseudowissenschaftlicher Medizin basierenden „Alternativen“ damit auf betrügerische Weise ihr Geld: man will Sie zum einmaligen Probieren verleiten, und macht allein damit schon seinen Gewinn.

Am sichersten fahren Sie, wenn Sie bei alternativer Medizin bleiben, die von ihrer Krankenkasse entweder teilweise oder gänzlich abgedeckt wird. Sollten Sie jetzt ein schlechtes Gewissen bekommen, weil Sie sich von der Krankenkasse Ihr Probieren bezahlen lassen? Auf gar keinen Fall! Krankenkassen sind nicht gerade bekannt für eine großzügige, finanzielle Abdeckung dubioser Behandlungsmethoden. Seit der Kostenexplosion im Gesundheitswesen wird hier mit jedem Pfennig gerechnet, was u.a. dazu geführt hat, dass ein Facharzt bei einem Angebot von mehreren gleich- oder ähnlich wirkenden Medikamenten das billigste verordnen muss. Wenn also Ihre Krankenkasse eine homöopathische Behandlung erstattet, wird sie sich etwas dabei gedacht haben, nämlich dass sie, im Falle eines Behandlungserfolges dabei billiger wegkommt also bei der regulären Medizin. Zum zweiten probieren Sie – und werden Sie auch in der regulären Medizin oft „probiert“, und damit sind wir beim nächsten Thema: Vom Probieren und Versuchen über das Probier-Werden zum Versuchskaninchen.

 

 

 

 

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