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Pflanzliche bzw. aus Pflanzen hergestellte Arzneimittel sind der Ursprung vieler Medikamente, die noch heute in der regulären Medizin Verwendung finden. Es ist sicherlich kaum übertrieben, die Pflanzenheilkunde als die Mutter (oder den Vater) medikamentöser Therapie zu bezeichnen. Kann man bei der Chiropathie noch von einer, im wissenschaftlichen Grauzonenbereich liegenden Behandlungsmethode sprechen, muss man bei der Pflanzenheilkunde ein anderes Bild bemühen: sie steht mit einem Bein fest auf dem Boden der Wissenschaften (unter dem Begriff „Rationale Phytopharmaka“) und mit dem anderen – genauso fest, wenn nicht fester – im alternativen Camp, wobei dieses Camp einen ähnlich soliden Untergrund hat wie die Wissenschaften (obwohl letztere selbiges vehement bestreiten werden).

Wikipedia zeigt folgende Auflistung: Rationale, traditionelle, alternative und transkulturelle Pflanzenheilkunde bzw. Phytopharmaka (also den, aus dieser Heilkunde gewonnenen Arzneimitteln). Erstere ist wissenschaftlich abgesichert (Wirkungsnachweis, Sicherheit in Form von Ungiftigkeit), alle anderen sind das nicht. Sie können aber, ähnlich wie die Akupunktur oder die ajurverdische oder chinesische Medizin, eine mehrere Jahrhunderte lange Zeit der Anwendung in praktischer Behandlung vorweisen. Aber nicht nur die rationalen Phytopharmaka sind fest im Arzneimittelangebot der regulären Medizin verankert – wissenschaftliche Gesellschaften wie z.B. „Kooperation Phytopharmaka“ bemühen sich in einem weit gesteckten Rahmen um die Belange und den Erhalt von pflanzlichen Arzneimitteln. Wer sich ein Bild vom Umfang, der Seriosität, Legalität, den Zulassungsbestimmungen usw. machen will, der schaue sich im Internet die Seite des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller E.V. (B.A.H.) unter dem Stichwort „Phytopharmaka in Europa“ an.

Allerdings … hinter der seriösen Fassade „wissenschaftlicher“ Bemühungen um Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit der Phytopharmaka verbirgt sich, leider, nicht nur Gutes. Natürlich ist die, vergleichsweise billige, Pflanzenheilkunde der Pharmaindustrie ein Dorn im Auge. Wo kämen wir hin, wenn jeder seine Erkältung mit Kamillen- oder Hustentee und Honig kurierte, statt mit den fiebersenkenden Mitteln und Antibiotika der Pharmaindustrie? In altbewährter Manie wird zunächst Zweifel gesät, dann Angst geschürt. Hilft Kamillentee wirklich? Schnell ein paar Gutachter angestellt (und gut bezahlt), die das in Frage stellen. Danach: Wer weiß, was da sonst noch, eventuell Giftiges,  im Kamillentee drin ist – Vorsicht – man könnte sich vergiften, oder, das magische Wort: es könnte „krebserregend“ sein!

Nun gut, der Kamillentee ist dafür ein schlechter Kandidat; der hat nun schon jahrhunderte lang geholfen, ohne Nebenwirkungen, dem kann man schlecht was anhängen (trotzdem muss der Hersteller nach den neuen Zulassungsgesetzen einen 120 000 Euro (!!!) teuren Qualitäts- und Sicherheitsnachweis erbringen) – aber – die chinesischen Heilkräuter, die sind dafür bestens geeignet.

Man muss generell bei den Phytopharmaka zwei Dinge auseinander halten: 1) was soll das Mittel bewirken bzw. gegen welche Erkrankung soll es wirken, und 2) ist es ungefährlich? Zugegeben: beim ersten Punkt ist dem Wunschdenken der Hersteller alternativer Phytopharmaka keine Grenze gesetzt. Sie versprechen oft das Blaue vom Himmel (siehe dazu mehr auf der Seite: Werbesprache … die Sprache der Betrüger). Weiterhin kann es bei Ernte und Verarbeitung zu erheblichen Qualitätsunterschieden und Wirkstoffverlusten kommen, und, was alles noch schlimmer macht, ist oft die mangelnde Sachkenntnis bzw. das nicht vorhandene Wissen in Bezug auf die Anwendung, was insbesondere für die bereits erwähnten, chinesischen Heilkräuter zutrifft – Fachleute sind diesbezüglich in Europa dünn gesät (dafür wimmelt es von Blendern, die sich ihr Wissen in Wochenend- oder Intensivkursen erworben haben). Man ist zweifelsohne auf der sicheren Seite, wenn man sich an die rationalen-traditionellen Phytopharmaka Europas hält. Andererseits haben auch die Chinesen mit ihren Heilkräutern nichts anderes im Sinn gehabt, als wir Europäer mit den unsrigen: nämlich kranken Menschen zu helfen, sie zu heilen. Schauen Sie einfach mal in der medizinischen Geschichte nach, wo es durch den Einsatz von Heilkräutern zu Todesfällen gekommen ist. Vielleicht mag es im Versuchsstadium den einen oder anderen Fall gegeben haben (der, wegen der langen Geschichte der Pflanzeheilkunde, sicherlich nicht dokumentiert sein wird), aber wenn ein Kraut einmal zum Heilkraut avanciert war, dann bestimmt nicht wegen gesundheitsschädigender Wirkung, oder? Damit sind wir bei Punkt 2: Ungefährlichkeit bei Heilkräutern bedeutet in erster Linie ihre Ungiftigkeit – und hier macht, wie wir das schon seit Jahrhunderten auch ohne die modernen Wissenschaften wissen, die Dosis den Unterschied zwischen Heilung und Schädigung.

Ich greife als Beispiel ganz bewusst eine der giftigsten Heilpflanzen heraus, bei der die Spanne zwischen therapeutischer und toxischer Dosis sehr gering ist – mit anderen Worten: minimal zu wenig bewirkt nichts, aber minimal zuviel kann tödlich sein: Digitalis (Digoxin, ein Herzmedikament). Schon ziemlich früh haben Menschen damit zwecks Heilung hantiert: zu Beginn des 2.Jahrtausends erscheint Digitalis in verschiedenen Rezeptesammlungen der Britischen Inseln (foxglove). In der Renaissance findet Digitalis Eingang in die damalige Schulmedizin, ist aber, laut F.Ledermann (Medizingeschichte; Vom Finger zum Herzen; Eine kurze Geschichte der Digitalis) trotzdem mehr unter die volkstherapeutischen Mittel einzuordnen, bis 1875 der englische Arzt William Withering mit seiner Schrift „An Account of the Foxglove and some of its medical uses“ eine systematische Erforschung einleitet. Digitalis wurde bis dahin als Panazee, eine Art Allround-mittel gegen verschiedene Krankheiten verwendet. Trotz der bereits erwähnten geringen Spanne zwischen therapeutischer und toxischer Dosis und dieser Allround-Anwendung, gibt-gab es entweder keine Todesfälle oder sie sind nicht dokumentiert worden – obwohl über hunderte von Jahren keine ausgebildeten Ärzte sondern eher Kräuterweiblein damit umgegangen sind.

Nun schauen Sie einmal nach, welche tödlichen – weil hochgiftigen – Neben-, oder sollte man eher sagen Hauptwirkungen, ein damaliges Mittel der Schulmedizin, nämlich Quecksilber, bei der Behandlung von Syphilis hatte! Jede Menge dokumentierter Schwerstschädigungen und Todesfälle. Auch die später folgenden Arsenverbindungen (gefunden von Paul Ehrlich) waren immer noch gefährlich bzw. problematisch.

Es ist seltsam, dass sich gerade die wissenschaftliche Medizin so besorgt um die eventuell befürchteten oder vermuteten gesundheitsschädigenden Wirkungen von Heilkräutern zeigt, wo diese gesundheitsschädigenden Wirkungen doch zum dokumentierten Alltag der allopathischen Medikamente gehören. Wie war das doch noch: den Splitter im Auge des anderen sehen, aber nicht den Balken im eigenen Auge sehen wollen.

Und … wer will noch Tee? Wenn bestimmte Interessensgruppen die Angst nicht schüren können, dann zieht vielleicht der Unwirksamkeitszweifel. Eine der weitverbreiteten Anwendung von rezeptlosen Phytopharmaka liegt im Bereich des Tees. Tees eignen sich hervorragend für beides: Betrug im Sinne von wirkungslos seitens der Vertreiber – und dem Vorwurf der Wirkungslosigkeit seitens der wissenschaftlichen Medizin. Warum? Weil Tees nur bei regelmäßigem Konsum über einen längeren Zeitraum ihre Wirkung entfalten. Bis man selber herausgefunden hat, ob ein Tee nun wirkt oder nicht, können Monate vergehen. Damit rechnen auch die Kritiker, dass man nämlich vorzeitig aufgibt und so zu dem Schluss kommt, der Tee wirke nicht. Tee – als Medizin (z.B. Nieren-Blasen Tee, Hustentee), ist eine der sanftesten Heilmethoden, erfordert aber eine Langzeiteinstellung und Geduld. Sicherlich mag es auch Tees geben, die nicht halten was auf der Packung versprochen wird (obwohl man nach der derzeitigen „Flurbereinigung“ des B.A.H. und den entsprechenden, gesetzlichen Reglungen kaum noch dubiose Tees im Angebot findet) – andererseits können Sie da unbedenklich probieren (bis auf Abführtees oder Tees zum Abnehmen), denn bevor man sich damit schadet, muss man schon ein paar hundert Tassen trinken (und dann merkt man meist frühzeitig genug, ob es einem bekommt oder nicht).

Grundsätzlich gibt es zu den problematischen Tees (zum Abführen oder Gewicht verlieren) immer auch das allopathische Medikament, und das ist meistens noch schädigender als der Tee. Permanent ein Laxativ zu nehmen ist gesundheitsschädigend, egal ob es sich dabei um einen Tee oder eine Tablette handelt, nur kann man sich in unserer pillenbesessenen Zeit eher an eine Tablette gewöhnen, den deren Einnahme ist unkompliziert und zeitsparend – beides magische Worte unserer Zeit!

Der Gesundheitstee ist weiterhin ein gutes Beispiel für die Art und Weise wie man mit der alternativen Medizin umgehen sollte. Deren goldene Regel lautet: nicht invasiv geht vor invasiv. Also, wenn Sie bestimmte Erkrankungen im Anfangsstadium erkennen und deshalb frühzeitig mit wenig bzw. nicht- invasiven Methoden behandeln lassen, haben Sie oft gute Chancen eine Verschlechterung zu vermeiden, und damit den Einsatz invasiver Behandlungsmethoden zu vermeiden. Da liegt viel in Ihrer Hand, bzw. an Ihrer Aufmerksamkeit. Natürlich gilt das nicht für alle Krankheiten – es gibt genug, die einen wie der Blitz aus heiterem Himmel treffen können, und die sofort „akut“ sind: ein entzündeter Blinddarm, eine Gallenblasenkolik (Gallenstein), eine Herzattacke, eine Salmonellenvergiftung usw. usw. (die Liste ist endlos lang). Bei 99% dieser plötzlichen, hochakuten Erkrankungen, haben Sie keine Zeit, etwas Alternatives auszuprobieren – ganz abgesehen davon, dass kein Heilpraktiker, Homöopath oder Chiropraktiker Sie in solch einem Fall behandeln dürfte – hier kann man, logischerweise, nicht Tee trinken und abwarten. Hier kann man nur dankbar sein, dass es die reguläre Medizin, den Krankenwagen und den OP gibt.

Aber dann gibt es eine ganz Reihe von Erkrankungen, die relativ harmlos anfangen, sich über einen längeren Zeitraum verschlechtern und zu guter letzt erst richtig problematisch werden können. Wer Tee als Medikament einsetzt, wird das frühzeitig tun, wird eine längere Anwendung einkalkulieren und mit einer Besserung in kleinen Schritten rechnen. Um diese Einstellung geht es hier. Es muss nicht immer Tee sein, aber die Einstellung sollte stimmen. Sie bekommen eine verspannte Schulter, die Ihnen zunächst nur Probleme bei „ungewohnter“ Arbeit macht: die Küchendecke streichen, einen Tag lang Äpfel pflücken oder alle Oberlichter putzen. Na ja, und Stress kommt dann auch noch dazu, und irgendwann gehen zuerst die Schmerzen in der Schulter nicht mehr weg, dann ziehen sie über den Nacken hoch in den Kopf, und dann können Sie nachts nicht mehr schlafen, und dann erst gehen Sie damit zum Arzt. In den wohl meisten Fällen wird der es zuerst mit Analgetika (Schmerzmitteln, oral oder gespritzt) und einem Muskelrelaxans versuchen. Im Vergleich zu einer frühzeitigen Akupunktur ist das schon relativ invasiv, denn da werden nicht nur die betroffenen Muskeln entspannt, und da wird der Schmerz ganz allgemein betäubt, und man fühlt sich in der Regel ziemlich “ matschig“. Hätten Sie „teemäßig“ frühzeitig etwas an Ihrer Verspannung getan, mit kleinen Schritten eine langfristige Besserung geplant, hätten Sie sehr wahrscheinlich mit einem Schwimmtraining und ein paar Akupunktursitzungen die Sache in den Griff bekommen, anstatt bei einem HWS (Hals-Wirbelsäulen Syndrom) oder einem Schulter-Nacken Syndrom zu landen.

Also, beim Tee eilen Sie bitte gesundheitsmäßig mit Weile!

 

 

 

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