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Placebo und co.

Warum in der Homöopathie der Placeboeffekt und die Selbstheilung des Körpers eher nicht für Heilerfolge verantwortlich sind.

Lassen Sie uns mit einem Gedanken beginnen, den uns der gesunde Menschenverstand vorgibt: Wäre die Homöopathie tatsächlich so wirkungslos wie die wissenschaftliche Medizin und die einäugigen Skeptiker behaupten, gäbe es sie doch schon längst nicht mehr – es sei denn, man würde alle Homöopathen und deren Patienten als quasi religiös Gläubige bezeichnen wollen. Religionen sind zäh, sie überleben Jahrtausende, auch wenn ihr Inhalt aus wissenschaftlicher Sicht eine Anhäufung unbeweisbarer Phantastereien ist, die sämtlich gegen die Naturgesetze verstoßen, auf denen die Wissenschaften basieren.

Aber es gibt doch einen gravierenden Unterschied zwischen Religion und Medizin, denn bei letzterer geht es um handgreifliche, reale Dinge, nämlich um Krankheit und Gesundung, und nicht darum, ob jemand eine direkte Telefonverbindung zu Gott hat, oder um solche biologischen Unmöglichkeiten wie die unbefleckte Empfängnis (die absolut Null Auswirkung auf die Fortpflanzung der Menschheit, auf komplizierte Geburten oder gar die Kindersterblichkeit hat). In der Homöopathie geht es ebenfalls um Krankheit und Heilung, um reale Dinge also, nicht um theologische Spitzfindigkeiten. Also, eine völlig wirkungslose Behandlungsart würde von selber verschwinden, ganz einfach weil man ihre Wirkungslosigkeit erfahren und sich von ihr abwenden würde. Den gewöhnlichen Patienten interessieren Erklärungen zur Wirkungsweise von Medikamenten oder Behandlungen kaum – ihn interessiert nur eines, nämlich möglichst schnell, schmerzlos und ohne Nebenwirkungen (wenn es geht) geheilt zu werden, und er benutzt dazu eine uralte, höchst bewährte Methode: Versuch und Irrtum. Patient A geht zum Homöopathen; die erste Behandlung bringt nichts, die zweite ebenfalls nichts … vielleicht versucht er es noch ein drittes Mal, aber sollte dieser Versuch wiederum negativ sein, wäre das Thema Homöopathie für ihn damit erledigt.

Warum gibt es sie dann immer noch? Warum gibt es mittlerweile bundesweit an die 1000 Fachärzte, die neben ihrer regulären Medizin auch die Homöopathie praktizieren? Ist das von wissenschaftlich ausgebildeten Ärzten betriebene Quacksalberei, oder, wie mir einer der einäugigen Skeptiker dazu schrieb, „eine bloße Dienstleistung, weil so viele Patienten danach verlangen“ (wobei man sich sofort fragen muss, warum denn wohl so viele Patienten danach verlangen, oder?).

Tja, wenn da eben nicht der Placeboeffekt und die Selbstheilungskräfte des Körpers wären … den DIE funktionieren bei der Homöopathie … behaupten die wissenschaftlichen Vertreter und die einäugigen Skeptiker. Ihre „Argumentation“ (in Anführungsstrichen, um darauf hinzuweisen, dass es keine wissenschaftlichen Argumente sind, die sie anführen) lautet: Weil die Homöopathie als solche nicht funktionieren kann, kommen bei den genannten – und nicht abzustreitenden – Heilerfolgen nur der Placeboeffekt oder die natürliche Selbstheilung des Körpers in Frage. Abgesehen davon, dass diese Folgerung keineswegs logisch zwingend ist, sollte man sich hier noch einmal bewusst machen, dass die ursächliche Wirkungsweise des Placeboeffektes nach wie vor wissenschaftlich NICHT geklärt ist (siehe Wikipedia, Stichwort Placebo). Die wissenschaftliche Medizin kann beschreiben was passiert, wenn ein Placebo wirkt und wie er dann wirkt (eben wie das echte Mittel, nur ohne Nebenwirkungen), aber was ihn auslöst, wie er genau zustande kommt, dazu gibt es bislang nur unbewiesene Theorien. Auch ohne Wikipedia können Sie das mit Ihrem gesunden Menschenverstand herausfinden: Wüsste man genau wie man diesen Placeboeffekt auslösen und damit behandeln könnte, dann wäre das DIE Revolution in der Medizin. Die Pharmaindustrie würde Bankrott gehen, die Kosten im Gesundheitswesen würden drastisch reduziert, und die Menschen würden sich auf die gesündeste Art die es gibt selber heilen. All das ist noch nicht passiert.

Wenn also die einäugigen Skeptiker oder die wissenschaftlichen Vertreter Heilungserfolge in der Homöopathie als Placeboeffekt bezeichnen, dann wird hier versucht ein unerklärliches Phänomen mit einem anderen, ebenfalls noch nicht geklärten, zu erklären. Wie „wissenschaftlich“ ist solch ein Aussage bzw. solch ein „Argument“? Ganz abgesehen davon, dass man anderen schlecht vorwerfen kann, was mal selber betreibt: die wissenschaftliche Medizin kann oft genug auch im eigenen Haus nicht mehr auseinanderhalten, was Placeboeffekt und was echte Wirkung ist.

Trotz alledem, schauen wir uns die Sache einmal im Lichte der neuesten Forschung an. Die will herausgefunden haben, dass z.B. die Größe und Farbe der Placebopille eine Rolle spielt: größere und buntere Pillen wirken besser als nur kleine, weiße. Nebenbei bemerkt, sollen Injektionen grundsätzlich besser wirken als oral eingenommene Mittel – sprich, je invasiver desto besser, bzw. ein desto größerer Eindruck wird gemacht. Dafür ist nun die Homöopathie ganz sicherlich der schlechteste Kandidat, denn fast alle Mittel haben die gleiche, winzige Kugelform (ein Globuli ist in der Regel kleiner als ein Stecknadelkopf). Bei den sogenannten Hochpotenzen (XM, LM, CM) sind diese Kügelchen noch winziger, also: je größer die Wirkung, desto kleiner die Pille … das läuft derzeitigen Forschungsergebnissen diametral entgegen. Auch mit den Farben ist da nichts zu machen, denn alle Mittel sind weiß. Wer schon einmal ein solches Globuli auf der Handfläche hatte, wird sich vielleicht in Gedanken die Frage gestellt haben, ob solch ein Winzling, eben allein von seiner nicht vorhandenen Größe bzw. Menge, tatsächlich etwas bewirken könne. Tja, und Injektionen gibt es in der Homöopathie auch nicht … Fehlanzeige.

„Wenn es das Präparat nicht ist, dann könnte es das ganze Drumherum sein, ja, der Arzt selber kann ein wandelndes Placebo sein (eben, auch der Arzt – nicht nur der Homöopath)“ „argumentieren“ die Placebovertreter weiter. Schauen wir uns also das „Drumherum“ an.

Wenn wir überhaupt von jemandem oder durch etwas konditioniert sein sollten, dann wäre das der Facharzt und die reguläre Medizin mit ihrem modernen, technischen Instrumentarium, angefangen vom simplen Blutdruckmesser bis hin zum computerisierten Labor und dem OP. Wenn wir an etwas glauben, dann ist das die Technik, die ja auch ein Kind der Wissenschaften ist, und mit der wir, von Kindesbeinen an, aufwachsen. Das wir bis zum Mond, und demnächst wohl auch noch weiter fliegen können, erscheint uns viel wunderbarer als die Entstehung des Lebens. Technik über alles – und beim Arzt ist das nicht anders. Was dächten wir, wenn er, statt unsere Blutprobe durch den Computer zu schicken, noch mit Reagenzgläsern und Bunsenbrenner hantierte? Würde es uns nicht schier mittelalterlich anmuten, fühlte er nur unseren Puls um unsere Krankheit zu diagnostizieren, anstatt uns ein EEG, EKG, CTM, MTR etc. zu machen?

Stattdessen stellt der Homöopath bei der Erstanamnese „nur“ Fragen – und das soll dann alles sein? Da gibt es kein Labor, keine technischen Apparate, da kommt noch nicht einmal das primitivste aller medizinischen Instrumente, das Stethoskop, zum Einsatz. Fast könnte man meinen, ein Homöopath hätte prinzipiell Berührungsängste und hielte sich seine Patienten auf sprachlicher Distanz. Zu allem Überfluss kann es durchaus passieren, dass ein Homöopath seinen Patienten zwecks Diagnose auch noch zum regulären Arzt schickt – welchen Eindruck muss denn so etwas machen (etwa: der weiß wohl selber nicht so genau Bescheid, dann kann man ja auch gleich beim Arzt bleiben)? Der ganze, uns vertraute Praxisbetrieb, mit Annahmepersonal, überfülltem Wartezimmer (wo viele Patienten sind, muss auch der Arzt gut sein), diversen Behandlungszimmern und -apparaturen … dieses ganze „Drumherum“ fehlt entweder gänzlich oder doch zum größten Teil beim Homöopathen. Der Arzt im weißen Kittel dürfte, auf Grund eben dieses ganzen „Drumherums“, auch immer noch einen wesentlich stärkeren Eindruck machen als etwa ein Homöopath im weißen Kittel. Vergessen Sie nicht: hinter jedem Arzt steht die international anerkannte, wissenschaftliche Medizin, stets auf dem neusten Stand in Forschung und Technik … hinter jedem Homöopathen steht ein Mann, von dem nur die jemals gehört haben, die sich mehr für die Homöopathie interessieren, nämlich Samuel Hahnemann, aus heutiger Sicht bestenfalls ein Sonderling, aus wissenschaftlicher Sicht ein Charlatan … damit kann man nun wahrhaftig keinen Eindruck schinden.

Ergo: auch das „Drumherum“ erscheint als Verursacher des Placeboeffektes in der Homöopathie äußerst fragwürdig. Vor allen Dingen würde man hier gerne aussagekräftige, wissenschaftliche, randomisierte Langzeitstudien zu diesem Thema nachschlagen können, aber die gibt es nicht.

Um weitere „Argumente“ nicht verlegen, behaupten die Placebovertreter nun, der Effekt würde vor allem dadurch zustande kommen, dass der Behandelnde sich einfach nur Zeit nehme und Mitgefühl für den Patienten zeige. Daran mangele es in der regulären Medizin, und deshalb könne die alternative Medizin – insbesondere Heilpraktiker und Homöopathen scheinen Zeit und Mitgefühl ohne Ende zu haben – hier mit dem Placeboeffekt heilen. Et voila, so einfach ist das! Wenn man dieser „Argumentation“ folgt, dann kommt man zu erstaunlichen und revolutionären Ergebnissen: wer hat denn wohl die meiste Zeit und das meiste Mitgefühl für einen Patienten? Richtig, die Familienmitglieder! Die wären somit dafür prädestiniert, mit ein bisschen Hokuspokus – weißen Kittel anziehen, Räucherstäbchen abbrennen, für die entsprechende Beleuchtung und Hintergrundmusik sorgen, ein paar bunte Zuckerpillen bereit halten – und viel Zeit und Mitgefühl den Kranken unter ihnen per Placeboeffekt zu heilen. Das ist übrigens gar nicht so ironisch wie es sich liest, denn die Heilung in der Gruppe, auch wenn unter Leitung eines Ausgewählten aus dieser Gruppe, dürfte die älteste Art der Placeboheilung überhaupt sein – wir finden sie in allen frühen Kulturen. Das ist gewiss eine interessante Idee, und es würde sich lohnen, wenn sich die wissenschaftliche Forschung ihrer annähme … aber bislang liegen da noch keine entsprechenden Studien und Beweise vor … also ist auch das nur eine Vermutung, weiter nichts.

Im Lichte dieser Widersprüchlichkeiten setzt ein weiteres „Argument“ der einäugigen Skeptiker allem die Krone auf: Ein Placebo wirkt auch dann, wenn man nicht daran glaubt. Wie soll solch eine Behauptung wissenschaftlich bewiesen werden? Wie soll man wissenschaftlich feststellen, ob, wie oder was und mit welcher Intensität ein Mensch glaubt oder nicht glaubt? Vor allem stehen wir mit dieser „Argumentation“ wieder am unerklärlichen Anfang, denn wenn es nicht der Glaube oder die Einbildung oder die Vorstellung ist, was dann?

Noch ein Nachschlag zum Thema Placebo. Laut wissenschaftlicher Forschung wirkt das Placebo hauptsächlich im Bereich der Schmerztherapie – ein Bereich, der in der Homöopathie nicht gesondert betrachtet wird, sondern der im Gesamtbild einer Erkrankung seinen Platz hat. Mit anderen Worten, es wird nicht primär der Schmerz sondern die Krankheit insgesamt behandelt. Es gibt in diesem Sinne keine homöopathischen Analgetika. Placebo als Schmerzmittelersatz … nicht in der Homöopathie.

Beim Wirkungsnachweis von allopathischen Medikamenten werden in einer der drei Kontrollgruppen Placebos verteilt. Die Wirksamkeit des echten Mittels (des Verums) muss deutlich über dem des Placebos liegen. Wenn es in der Placebogruppe 30 von 100 Leuten besser geht, dann sollten es in der Verumgruppe mindestens 50% sein. Dies ist nur ein fiktives und stark verallgemeinerndes Beispiel, denn der Placeboeffekt kann sehr stark schwanken. Als Durchschnittswert dürften 30% ziemlich hoch sein. Nehmen wir an es wäre so, dann würden, nach wissenschaftlicher Ansicht, in der Homöopathie von 100 Leuten 30 durch den Placeboeffekt geheilt, d.h. grob gerechnet nur jeder dritte Patient erführe ein Besserung bzw. Heilung. Bei einer solchen „Erfolgsrate“ gehörte die Homöopathie schon längst der Vergangenheit an.

Ein Placebo sollte eigentlich auf Anhieb wirken, sonst geht es seiner Vertrauens- bzw. Glaubensbasis verloren. Wenn der Patient ein Mittel bekommt, das nicht beim ersten Mal hilft, wird er einem zweiten Mittel bewusst oder unbewusst kritischer gegenüber stehen. Muss der Arzt dann eventuell noch ein drittes Mittel ausprobieren oder gar ein viertes, sollte es um den „Glaubensfaktor“ schlecht bestellt sein. Auch das ganze „Drumherum“ inklusive Arzt in Person dürfte einen erheblichen Vertrauensverlust erleiden. Aus diesem Grund sollte man in der regulären Medizin logischerweise zuerst versuchen, mit einem Placebo zu heilen … nach drei Versagern von wirklichen Mitteln, dürfte der Patient ganz sicherlich nicht mehr an ein Placebo glauben, bzw. daran, dass das vierte Mittel helfen soll, wo alle anderen zuvor versagt haben.

Im homöopathischen Alltag ist nun oft genug genau dies der Fall. Die Kunst in der Homöopathie (nach Ansicht der Homöopathen) besteht darin, das jeweils richtige Mittel zu finden (ein Mittel, welches auf die spezifisch individuellen Symptome des Patienten passen muss, wobei die Homöopathie noch ein wesentlich differenzierteres Symptombild hat als die reguläre Medizin – die ihrerseits viele der homöopathischen Symptome als Humbug abtut), und das gelingt eben oft genug nicht immer auf Anhieb. Wenn sich die Wirkung also erst nach dem dritten oder vierten Ansatz einstellt, dann ist es eher unwahrscheinlich, dass es sich dabei noch um einen Placeboeffekt handelt. Auch in dieser Hinsicht ist die Homöopathie kein guter Placebokandidat.

Nun kommen wir zum „und Co.“, den Selbstheilungskräften des Körpers. Denn: „Wenn es nicht das Placebo ist das hilft, dann ist es eben die Selbstheilungskraft des Körpers“ vermuten die einäugigen Skeptiker und die wissenschaftlichen Vertreter unverdrossen weiter. Die Selbstheilung steht, bei genauerem Hinsehen, auf noch wackeligeren Beinen als der Placeboeffekt, und das aus folgendem Grund: warum sollte sie (Wahrscheinlichkeitsrechnung) ausgerechnet immer mit einer Behandlung zusammenfallen? Inzwischen sollte klar geworden sein, dass Patienten zum Homöopathen gehen, weil sie entweder eine Besserung oder Heilung ihrer Leiden erfahren. Patient X geht im Jahr mit verschiedenen Erkrankungen sechs Mal zum Homöopathen und ist hinterher von seinen Leiden befreit. Es wäre mehr als nur unwahrscheinlich, dass die Selbstheilung des Körpers jedes Mal genau dann passiert, wenn er seine Globuli geschluckt hat, oder? Außerdem verzeichnet die Homöopathie vor allem in dem Bereich bestimmter chronischer Erkrankungen (die oftmals zuvor erfolglos von der regulären Medizin behandelt worden sind) Heilungserfolge, und chronische Krankheiten sind keine überzeugenden Beispiele für die Selbstheilungskräfte des Körpers (sie haben eher eine Tendenz sich zu verschlimmern).

Gegner der Homöopathie, insbesondere Wissenschaftler und all jene, die sich den Wissenschaften verschrieben haben, gehen immer von der, in der Sache selber liegenden Unmöglichkeit aus (die Homöopathie könne nicht funktionieren, weil sie gegen die Naturgesetze verstoße – nur tut das ein Placebo auch, gegen die Naturgesetze verstoßen, denn es enthält keinerlei Wirkstoff), und schließen daraus, dass damit bewirkte Heilungen ebenfalls unmöglich „sein“ können. Da nun aber Heilerfolge in der Homöopathie nicht weg zu diskutieren sind, müssen dafür andere Gründe gefunden werden. Aber wie es um diese angeblichen Begründungen bestellt ist, haben wir mittlerweile gesehen: es sind Vermutungen – keineswegs wissenschaftlich abgesicherte Beweise!

 

 

 

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